Geschichte

Gründung der Zunft, Aufnahme ins ZZZ, Erstes Sechseläuten

Im Laufe der Jahre
Auszug aus dem Jubiläumsbuch „75 Jahre Zunft zu Oberstrass“

Als Folge der ersten, 1893 vollzogenen Vereinigung von 11 Aussengemeinden mit der Stadt Zürich wurde die Zunft zu Oberstrass 1925 gegründet. Die Gründungsgeschichte ist eng mit einem Wahlkampf um das Amt des Stadtammanns verbunden, in welchem sich auch in Oberstrass Demokraten und Freisinnige heftig bekämpften. Sieger wurde der demokratische Kandidat aus dem Stadtkreis 6. Nach geschlagener Wahlschlacht fanden am 17. Februar 1924 beherzte Männer von Oberstrass der bürgerlichen Einheit zuliebe wieder zusammen. Die im Restaurant zur Linde mit Bezug auf den erlebten Wahlkampf als politisch neutral bezeichnete „Krattenturmgesellschaft“ setzte sich zum Ziel, innert Jahresfrist alle Vorbereitungen zur Gründung einer Zunft zu treffen. Gesagt, getan!

Am 20. April 1925 löste sich die „Krattenturmgesellschaft“ wieder auf und konstituierte sich mit 74 Gründungsmitgliedern am Tag des Sechseläutens als „Zunft zu Oberstrass“. Die Zahl der Zünfter soll im Laufe des Tages durch ungeordnete Beitrittsbegehrlichkeiten noch angestiegen sein, allerdings bleiben die Akten über den Tagesverlauf durch weinselige Zählungen von nur ungefährem Wahrheitsgehalt. Als Zunftwappen wurde das Quartierwappen in der heraldischen Form des im alten Zürichkrieg zerstörten Krattenturms, ein Wehr-, Wach- und Signalturm auf der Geländerippe zwischen Peterstobel- und Nachtweidbach als Stützpunkt der dort endenden äusseren Letzi gewählt.

Noch fehlte die eigentliche Bestätigung des ZZZ, welche die Obersträssler zu vollwertigen Zünftern machen sollte. Sie erfolgte im Herbst 1925 durch den ZZZ-Präsidenten Fritz Zuppinger, der gleichzeitig auch Zunftmeister von Riesbach war. Dazu findet sich im Goldenen Buch der Zunft zu Oberstrass u.a. folgender handschriftlicher Eintrag von Fritz Zuppinger: „Mit freudiger Einstimmigkeit wurde die Zunft Oberstrass Donnerstag, den 17. September 1925 in den Verband der Zünfte Zürichs aufgenommen. Am 8. Oktober 1925 wohnte der Abgeordnete von Oberstrass, Dr. H. Häberlin erstmals einer Sitzung des Zentralkomitees bei.“ Am Tage des Rechenmahls 1925 konnte die inzwischen bereits auf 95 Zünfter angewachsene Zunft drei Delegationen von Zünften der jüngeren Linie als ihre Gäste begrüssen, nämlich von der Stadtzunft, den Zünften Wollishofen und Hottingen.

Am Sechseläutenumzug von 1926 zeigte sich die junge Zunft erstmals einer breiteren Öffentlichkeit. Der Zunftmeister trat schlicht mit Mütze, Abzeichen und Becher auf, die Zünfter kleideten sich in Kostüme nach den beiden Novellen „Die missbrauchten Liebesbriefe“ und „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ von Gottfried Keller und folgten damit dem Umzugsthema von 1926 zur Erinnerung an die beiden Zürcher Dichter G. Keller und C. F. Meyer.

Zunftmeister von 1925 bis Heute

1. Zunftmeister
Dr. Johann Hofmann
1925-1950

Die jüngste Quartierzunft entwickelte sich unter der langjährigen Führung vom 1. Zunftmeister Dr. Johann Hofmann, Direktor der Landwirtschaftlichen Schule Strickhof und zählte 1950 121 Zünfter, wovon noch 38 zu den Gründungsmitgliedern gehörten. Als Meister der Rede trat Johann Hofmann in der für unser Land schwierigen Zeit immer wieder als Mahner und Kämpfer auf und wurde nach fünfundzwanzigjährigem Wirken zum Ehrenzunftmeister ernannt.


2. Zunftmeister
Dr. Hugo Schneider
1950-1965

Der 2. Zunftmeister, Dr. Hugo Schneider, Konservator und späterer Direktor des Landesmuseums, setzte durch sein hohes Engagement zur Sechshundertjahrfeier des Beitritts Zürichs zur Eidgenossenschaft einen Meilenstein in der prägenden Gestaltung des Sechseläutenumzugs. Nicht nur stand er vielen Zünften als Berater für historisch korrekte Kostümierungen bei, er schuf auch für die Zunft zu Oberstrass die leuchtend roten Uniformen des Schweizer Garderegimentes in französischen Diensten zur Zeit Ludwigs XIV.


3. Zunftmeister
Hermann Bär
1965-1979

Der Wechsel von 1964/65 zum 3. Zunftmeister Hermann Bär war von erheblichen Wirren begleitet, welche die Zunft in zwei Lager spalteten und nachhaltig in zwei Zunftstammtischen sichtbar blieb. Allein das a.o. Hauptbott hatte richtig entschieden. Unter der Führung von Hermann Bär vertiefte sich das freundschaftliche Verhältnis unter den Zünftern und ermöglichte auch die Einführung zahlreicher Neuerungen. Besonders passend war die erstmalige Kostümierung des Zunftmeisters als Untervogt, war doch mit diesem Amt in historischer Zeit zusammen mit den vier Geschworenen nicht nur die Verwaltung des Gemeinwesens und die Aufsicht über die Zelg- und Weidwirtschaft verbunden, sondern auch bei Dorfstreitigkeiten Recht zu sprechen. Als Zeichen seiner richterlichen Kompetenzen besass der Untervogt einen Gerichtsstab mit Schwurhand, welcher auf das Sechseläuten von 1966 speziell nachgebildet und vom Zunftmeister als Untervogt mitgetragen wurde. Dieses Kostüm bildet im heutigen Sechseläutenumzug zusammen mit den Geschworenen eine eigene, historische Gruppe. Eine weitere Neuerung am Sechseläuten von 1966 war der Auftritt im erneuerten zweiten Zunftkostüm, dem zürcherischen Bauerngewand aus dem 18. Jahrhundert in Erinnerung an das ländlich-bäuerliche Erbe unseres Quartiers, unmittelbar gefolgt vom Mostwagen mit dem 4500 Liter fassenden Mostfass. Hermann Bär entdeckte aber auch bei der Sichtung der Gründungsakten und -protokolle, dass nirgends eine Göttizunft erwähnt war. Dieser „Taufakt“ wurde am 29. November 1975, 50 Jahre nach der Gründung der Zunft zu Oberstrass, nachgeholt. Der Eintrag im Goldenen Buch hält die Bereitschaft der Riesbächler fest, fortan für die Zunft zur Oberstrass die Rechte und Pflichten einer Göttizunft zu übernehmen und für alle Zukunft in guten und bösen Tagen die Treue zu halten.


4. Zunftmeister
Peter Weber
1979-1985

Als erster Zünfterssohn, der auch Zunftmeister wurde, folgte 1979 Peter Weber. An seinem ersten Sechseläuten als Meister fuhr er im Landauer durch die Strassen, da er gerade bei sportlicher Betätigung die Achillessehne gerissen hatte. Sein geheimer Wunsch, im Landauer auch gleich noch um den Böögg gefahren zu werden, ging allerdings nicht in Erfüllung. Sein Sohn Marcel ist ebenfalls Zünfter zu Oberstrass.


5. Zunftmeister
Hans-Jörg Ulrich
1985-1991

Hotelier Hans-Jörg Ulrich, dessen Bruder als Zunftmeister Riesbach 10 Jahre zuvor die Göttizunftverpflichtung unterzeichnet hatte, wurde 1985 zum 5. Zunftmeister gewählt. Seine oft zu nächtlicher Stunde im Rigihof konzipierten, mit aller Sorgfalt vorbereiteten und dann meisterlich vorgetragenen Reden entsprachen stets der von ihm selbst für Leistungen und Auftritte anderer bevorzugt verwendeten Würdigung, nämlich hervorragend.


6. Zunftmeister
Heinz Gubler
1991–1997

Bau-Ingenieur Heinz Gubler, ab 1991 als 6. und einziger berittener Obersträssler Zunftmeister und Vorsteher seit 1973, blieb auch in seinem Amt der zunfteigenen Reitergruppe treu. Diese trat erstmals am Umzug von 1951 in Erscheinung und zählte später stets 10 bis 16 Reiter. In seine Zunftmeisterzeit fällt auch die Erneuerung des Bauernkostüms, welches sich in der Gestaltung wieder korrekter an die ländliche Schlichtheit und echter an die in historischer Zeit verfügbaren erdigen Naturfarben hält. Er hat eine Tochter und Sohn Philipp ist auch Zünfter zu Oberstrass.


7. Zunftmeister
Hansueli Ottiker
1997-2001

Der 7. Zunftmeister, Treuhänder Hansueli Ottiker wurde 1936 geboren, 1984 in die Zunft aufgenommen, 1988 in die Vorsteherschaft und 1997 zum Zunftmeister gewählt. 2000 bestätigte ihn das Hauptbott für eine weitere Amtsperiode und seine beiden Söhne Beat und Robert sind ebenfalls Zünfter zu Oberstrass. Am Rechenmahl 2001 übergab er das Amt an seinen Nachfolger Beat Sigg.


8. Zunftmeister
Beat Sigg
2001-2012

Der Hotelier wurde am Hauptbott vom 24. Oktober 2001 glanzvoll zum 8. Zunftmeister der Zunft zu Oberstrass gewählt. Er ist seit 1982 Zünfter, wurde 1997 in die Vorsteherschaft gewählt und war bis 1999 2. Schreiber. Danach amtete er bis zu seiner Wahl zum Zunftmeister als Statthalter. Beat Sigg, Jahrgang 1953, hat nach der Matura 4 Semester Jura studiert und dann an die Hotelfachschule Lausanne gewechselt, wo er nach 8 Semestern mit dipl. EHL Etudes supérieures abschloss. Nach Managementpositionen in Hotels in Paris, London, Genf und Frankfurt war Sigg General Manager im «Sheraton Stockholm», im «Sheraton Limassol Resort», im Hotel Widder in Zürich, Taskforce Member im «Sheraton Kuwait» und CEO der Dolder-Gruppe Zürich. Ab 2010 führte er als Verwaltungsratdelegierter und Managing Director die Hotelgruppe der Victoria-Jungfrau Collection. Ende August 2018 hat er die operative Führung abgegeben, um sich im Rahmen des Verwaltungsrates strategischen Themen der Hotelgruppe widmen zu können. Beat Sigg war Vizepräsident der Swiss Deluxe Hotels. Zudem sitzt er im VR vom Zoo Zürich und als Vizepräsident vom Kongresshaus Zürich. Seine Hobbys sind: Reisen, Zürcher Geschichte, Ski, Tennis, Joggen, Golf und die Oper. Beide Söhne von Beat Sigg, Simon und Luca, sind Zünfter zu Oberstrass.


9. Zunftmeister
Rolf A. Siegenthaler
2012-2021

2012 wählte das Hauptbott Rolf A. Siegenthaler zum 9. Zunftmeister der Zunft zu Oberstrass. Rolf A. Siegenthaler ist studierter Germanist und arbeitet als Berufsoffizier im VBS. Im Grad eines Divisionärs ist er Stv Chef Kommando Operationen. Er hat drei Töchter und einen Sohn und lebt seit seiner Kindheit in Oberstrass. Als Zünfterssohn und ehemaliger Reiter unserer Reitergruppe ist er unserer Zunft seit jeher eng verbunden. Vor seiner Wahl zum Zunftmeister war Rolf A. Siegenthaler Stubenmeister und danach Statthalter der Zunft. Er hat sich in Zürich als profilierter Politiker (zuletzt im Kantonsrat) einen Namen gemacht.


10. Zunftmeister
Dr. Martin Burger
seit 2021

Am Hauptbott vom 20. Oktober 2021 wurde Dr. Martin Burger als 10. Zunftmeister der Zunft zu Oberstrass gewählt. Er ist seit 2010 Zünfter und wurde 2012 in die Vorsteherschaft aufgenommen. Bis 2021 versah er das Amt des II. Zunftschreibers. Martin Burger, Jahrgang 1958, ist in der Stadt Zürich aufgewachsen und verheiratet. Er hat nach einer kaufmännischen Ausbildung bei der Swissair auf dem zweiten Bildungsweg die Matura gemacht und anschliessend Jus studiert. Nach 5 Jahren Tätigkeit als Staatsanwalt wurde er 1996 als Bezirksrichter im Bezirk Zürich gewählt, und von 2006 bis 2020 wirkte er als Oberrichter. Von 2016 bis 2020 war er Präsident des Obergerichts des Kantons Zürich. Er ist auch nach seiner Pensionierung wissenschaftlich tätig geblieben und befasst sich mit aktuellen rechtspolitischen Themen, was sich manchmal auch in seinen Reden niederschlägt.